21.11.2000

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Yahoo in Frankreich verurteilt

Dem Vertrieb von Nazi-Objekten über das Internet wird in Frankreich ein juristischer Riegel vorgeschoben. Der Pariser Richter Jean-Jacques Gomez erließ am Montag gegen den Anbieter Yahoo eine Einstweilige Verfügung. Danach muss der Internet-Riese täglich 100.000 Franc [rund 200.000 ATS] Strafe zahlen, wenn er seine Internet-Seiten mit Nazi-Angeboten nicht in spätestens drei Monaten für französische Netz-Nutzer blockiert.

Die Tochtergesellschaft Yahoo France hat derartige Objekte nicht im Angebot. Internet-Nutzer können jedoch über Suchmaschinen auf die Websites von Yahoo in den USA zugreifen. Richter Gomez wies darauf hin, dass Yahoo aus eigenem Antrieb den Verkauf von Drogen, menschlichen Organen oder lebenden Tieren verhindere und daher auch dazu verpflichtet werden könne, keine Nazi-Objekte zu vertreiben.

In dem Verfahren kamen unter anderem die Experten Vinton Cerf aus den USA, François Wallon aus Frankreich und Ben Laurie aus Großbritannien zu Wort. Ihren Ausführungen zufolge dürfte es möglich sein, rund 70 Prozent der Internet-Nutzer automatisch von den entsprechenden Web-Seiten fernzuhalten, weil sie als Franzosen identifiziert werden können. Für die übrigen Kunden könnten freiwillige Erklärungen über ihre Nationalität und Passwort-Angaben zur Pflicht gemacht werden. Ungeklärt ist der Umgang mit solchen Internet-Nutzern, die absichtlich eine falsche Nationalität angeben und vom Betreiber nicht identifiziert werden können.

UEJF-Anwalt Stéphane Lilti äußerte sich zufrieden über den Richterspruch. Er könne sich nicht vorstellen, dass Yahoo als großer Provider "in den Untergrund" gehe, sagte Lilti. Yahoo-Anwalt Pecnard hatte in dem Verfahren erklärt, wenn ein entsprechender Filter eingebaut würde, müsse der gesamte Aufbau der Site verändert werden.

Der Pariser Staatsrat, das oberste Verwaltungsgericht Frankreichs, hatte unlängst entschieden, es bedürfe für derartige Fälle keines speziellen Gesetzes für das Internet. Mit den vorhandenen Gesetzen könne die Einhaltung der Bestimmungen gewährleistet werden. Ob dem so restlos zugestimmt werden kann, sei dahingestellt. Tatsache ist, international agierende Internet-Unternehmen sind durch die Vielzahl von (Straf-)Rechtsordnungen, die auf sie zur Anwendung kommen können, extremer Rechtsunsicherheit ausgesetzt. Richtig ist, dass Yahoo, auch wenn es die umstrittenen Objekte nicht auf der französischen Site angeboten hat, dennoch mit seiner amerikanischen bzw. internationalen Site gegen französisches Recht verstoßen hat. Schließlich war diese Site auch in Frankreich zugänglich und durch den weitgehenden Gebrauch der englischen Sprache im Internet konnte auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass diese Site nicht in Frankreich abgerufen würde. Dennoch stellt sich jetzt einmal mehr auch die Frage nach dem Schutz der Anbieter, die sich mit einer Flut von Rechtsvorschriften konfrontiert sehen.