20.11.2000

YAHOO-PROZESS

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Rechtliche Unsicherheiten im Netz

Der Berliner Rechtswissenschaftler Christoph Paulus vergleicht das Internet mit dem "Wilden Westen". Paulus meint damit nicht etwa die Moorhuhn-Jagd - es geht ihm um handfeste juristische Geschosse wie Abmahnungen, Klagen und einstweilige Verfügungen.

"Da kann jederzeit aus irgend einer Ecke geschossen werden," sagt der Professor der Berliner Humboldt-Universität. Unter derartigem Beschuss befindet sich gegenwärtig der amerikanische Internet-Anbieter Yahoo, der wegen des Angebots von Objekten aus der Nazizeit in Frankreich verklagt worden war.

Der Yahoo-Prozess ist Ausdruck einer anhaltenden Unsicherheit unter Juristen, wie das Internet juristisch zu fassen ist. Die Frage, wann Websites welcher staatlichen

Rechtsordnung unterliegen, ist offen. Das Netz kennt keine Grenzen und keine Staatsangehörigkeiten - jedes Angebot ist immer überall empfangbar.

"Meine Prognose ist, dass wir noch zehn bis 15 Jahre des Herumstocherns haben werden", sagt Paulus, der sich als Wissenschaftler mit dem Internetrecht beschäftigt. Paulus sieht einige Ansätze - einen Konsens jedoch noch lange nicht: "Einem amerikanischen Anbieter, der eine deutschsprachige Website einrichtet, darf man unterstellen, dass er gezielt auf den deutschen Markt geht und sich deshalb auch stillschweigend dem deutschen Recht unterwirft", sagt er.

Für die Praxis fasst der Kölner Anwalt und Experte für Online-Recht, Jürgen Weinknecht, die Situation so zusammen: "Das

Internet ist das Gegenteil eines rechtsfreien Raums. Im Internet gilt das gesamte Recht der Welt gleichzeitig." Entscheidend sei nicht, welches Recht gelte, sondern welches Recht sich auch vor Gericht durchsetzen lasse. Die dabei auftretenden Rechtsprobleme seien nicht neu - die Vollstreckung von Urteilen über Landesgrenzen hinweg sei schon immer problematisch gewesen.

Was den Kläger ärgern mag - er hat ein Urteil, kann es aber im Ausland nicht vollstrecken - ist umgekehrt ein Schutz der Betreiber von Internet-Seiten vor willkürlichem Zugriff aus dem Ausland.

Innerhalb der EU setzt sich mittlerweile das

Herkunftslandprinzip durch. Das heißt, dass sich ein Internet-Anbieter nur an das Recht seines Herkunftslandes halten muss, auch wenn andere Rechtsordnungen innerhalb der EU ein Angebot als rechtswidrig beurteilen.

Für krasse Rechtsverstöße soll das allerdings nicht gelten, so Weinknecht.