Kreuzverhör im Musiktausch-Streit
Drei Bundesrichter nahmen am Montag im Berufungsverfahren gegen das Musikunternehmen Napster vor allem die Musikindustrie ins intensive Kreuzverhör. Warum solle die Verfügung gegen Napster wieder eingesetzt und das Musik-Sharing-Service abgedreht werden, lautete die zentrale Frage der Richter.
Besonderes Interesse fand auch die Frage, ob und wie das Napster-Service kontrolliert werden könnte, um den illegalen Austausch Copyright-geschützter Musikstücke unter den 32 Millionen Benutzern zu unterbinden.
Richter Robert Beezer erklärte RIAA-Anwalt Russell Frackman, es könnte zu viel verlangt sein, Napster für die Aktivitäten seiner User verantwortlich zu machen.
"Wie sollen sie wissen,
was einige Kids in Hackensack, New Jersey oder Guam per Internet
anbieten", so die Frage von Richter Beezer. Frackman seinerseits
schlug vor, Napster solle eine Liste geschützter Titel anfertigen
und sein Service derart modifizieren, dass diese nicht ausgetauscht
werden können. Wie es jetzt betrieben werde, sei Napster für
Copyright-Verletzungen wie geschaffen. "Nein," widersprach Richter
Beezer, "Napster ist für den 'fair use' gedacht. Zumindest sagen sie
das."

Beide Seiten im Kreuzverhör
Rechtsanwälte beider Seiten konnten am Montag ihre Standpunkte darlegen. Das Gericht traf gestern zwar keine Entscheidung, sie kann aber jederzeit erfolgen. Bis dahin darf Napster vorerst aber weiter machen.
Mit seinen Fragen vermittelte das Berufungsgericht allerdings den Eindruck, dass die vorangegangene Entscheidung von Richterin Marilyn Patel den legalen Gebrauch von Software zum Austausch von Musik zu stark behindert.
Napster-Anwalt David Boies stellte fest, eine Bestätigung des Patel-Urteils würde für Napster eine "Amputierung" bedeuten.
Richterin Marilyn Patel hatte ganz
im Sinne der Musikindustrie die Schließung von Napster
angeordnet, weil seine Dienstleistungen das Verbreiten von illegalen
Kopien "vorsätzlich förderten". Wenige Stunden vor dem
In-Kraft-Treten der Verfügung akzeptierte das neunte Berfungsgericht
der Vereinigten Staaten die Berufung und hob die Verfügung vorläufig
auf.

Bisher jeder Vergleich gescheitert
Napster beruft sich auf ein Urteil des US-Höchstgerichts von 1984, das Sony den Vertrieb von Videorecordern gestattete, obwohl damit Kopien von Copyright-geschütztem Material angefertigt werden können.
Napster-Boss Hank Barry sagte, die Plattenindustrie habe bisher jeden Kompromiss abgelehnt. Würde jeder Napster-User eine monatliche Gebühr von fünf Dollar bezahlen, kämen damit mindestens 500 Millionen Dollar jährlich zusammen, an denen die Künstler beteiligt werden könnten.
RIAA-Präsidentin Hilary Rosen betonte, sie hoffe, es werde in Hinkunft eine intensivere Kooperation zwischen Innovation und Industrie geben, mehr Musik online verfügbar zu machen. Napster stünden alle Möglichkeiten offen, einen sinnvollen Handel vorzuschlagen.