Plattenlabels starten Online-Musikvertrieb
Ab heute wird EMI, drittgrößtes Musiklabel der Welt, in Kooperation mit Microsoft Songs und Alben von rund 80 Vertragskünstlern online anbieten.
Rund 100 CDs und einzelne Songs von Musikern wie Frank Sinatra und Tina Turner bis hin zu den Spice Girls werden im Format Windows Media Audio [WMA] zur Verfügung gestellt. In welcher Preisklasse sich das Online-Musikangebot bewegt, gab der Musik-Konzern bis dato nicht bekannt. Die Preise werden sich allerdings voraussichtlich an den normalen CD-Preisen orientieren.

Laut EMI soll ein in WMA vorgesehener Schutzmechanismus nur eine bestimmte Anzahl von Kopien für die private Nutzung zulassen.
Jay Samit, Vize-Präsident bei EMI: "Die Verbraucher haben Online-Musik gefordert. Nun können wir nicht nur eine gute Qualität der Musik-Dateien sicherstellen, wir haben jetzt auch Klarheit über Sicherheits- und Copyright-Fragen."
EMI hat schon Erfahrungen mit dem digitalen Vertrieb von Musik gesammelt - allerdings nicht auf der eigenen Homepage. Zusammen mit der Deutschen Telekom richtete das Unternehmen bereits 1997 einen virtuellen Musik-Shop ein, aus dem gegen Bezahlung rund 200 Alben und zusätzlich einzelne Songs heruntergeladen werden können. Eine komplette CD kostet dabei etwa so viel wie im Geschäft. Die Nachfrage sei allerdings bisher nicht groß, so Carl Mahlmann, Business-Planer bei EMI.

Die deutsche Tochter der Bertelsmann-Musik-Gruppe "BMG Entertainment" will noch dieses Jahr eine Internet-Firma gründen. "80 Prozent unseres Kataloges sind nicht veröffentlicht oder nicht mehr auf dem Markt", sagt Thomas Stein, Musik-Chef von Bertelsmann in Deutschland und Osteuropa. Für Musikliebhaber könnte das ein Grund sein, das Piratendasein aufzugeben und direkt die Plattenfirma anzuklicken.
"Das Internet wird zum Distributionskanal Nummer eins der gesamten Entertainment-Branche und vor allen Dingen der Musik werden", prognostiziert der Bertelsmann-Musikchef.
Haupthindernis für Internet-Aktivitäten der Plattenindustrie sei bisher das Sicherheitsproblem gewesen. Es hätte ein Standard gefehlt, der es ermöglicht, die Musik so auf dem heimischen PC zu speichern, dass sie anschließend nicht an den ganzen Freundeskreis weitergegeben werden kann. Doch laut Stein ist dieses Problem mittlerweile gelöst. Schon in den nächsten Monaten will auch die BMG Download-Stücke anbieten. Werke junger Künstler soll es kostenlos geben.

Auch bei Sony ist noch heuer mit den ersten kommerziellen Downloads zu rechnen, so der Geschäftsführer von Sony Music in Frankfurt, Jochen Leuschner. Im Vergleich zum klassischen Verkauf biete der digitale Vertrieb via Internet zwei Vorteile: "Wir können Repertoire aus unserem Katalog anbieten, das es nirgendwo mehr auf CD gibt, und erreichen Kundengruppen, die schon lange keinen CD-Shop mehr betreten haben."

Universal Records bereitet ebenfalls den digitalen Musik-Verkauf vor. "Momentan ist der Umsatz mit dem digitalen Vertrieb von Musiktiteln bei uns noch gleich null", sagt Christopher Gersten von Universal Records. Er ist allerdings davon überzeugt, dass die Verkaufszahlen bei der digitalen Musikdistribution schon bald explosionsartig steigen werden.
