Vorratsdatenspeicherung nicht "gratis"

21.10.2008

Der britische Telekomkonzern BT muss vorerst keine Verbindungsdaten mehr speichern, weil ihm der deutsche Staat die anfallenden Kosten nicht ersetzt. Die laufenden Kosten betragen laut BT 420.000 Euro im Jahr.

Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht in einer am Dienstag bekanntgewordenen einstweiligen Anordnung, berichtete das "Handelsblatt".

Die BT hatte sich demnach geweigert, die Daten ihrer deutschen Kunden aufzubewahren, ohne dass der Bund die Kosten ersetzt. Das Gericht habe dem Konzern recht gegeben und mit der Anordnung die Vorratsdatenspeicherung ausgesetzt. Das gilt nur für die BT.

Entschädigung gefordert

Die BR begrüßte das Urteil naturgemäß und erklärte gegenüber der Zeitung, dass das Gericht damit deutlich gemacht habe, dass der Staat die Industrie nicht grenzenlos und ohne adäquate Entschädigung für hoheitliche Aufgaben heranziehen könne. Der Anbieter ist der Meinung, dass der Bund alle anfallenden Kosten selber tragen muss.

Über die Entschädigungsforderung entscheidet laut Bericht das deutsche Bundesverfassungsgericht.

Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung trat in Deutschland Anfang Jänner in Kraft und verpflichtet Telekomanbieter, alle Telefonverbindungsdaten sechs Monate lang zu speichern. Bei Handyverbindungen zählen auch die jeweiligen Standorte der Kunden und die Geräteidentifikation dazu.

420.000 Euro Kosten pro Jahr

Die klagende deutsche Tochter der britischen BT hätte nach eigenen Angaben mindestens 720.000 Euro aufwenden müssen, um die technischen Voraussetzungen für die Datenspeicherung zu schaffen.

Überdies entstünden weitere laufende Betriebskosten von 420.000 Euro im Jahr. Dies sei auch deshalb unangemessen, da wegen ihres Kundenkreises, in erster Linie große Unternehmen sowie Behörden des Bundes und der Länder, kaum Anfragen von Strafverfolgungsbehörden zu erwarten seien.

Die deutsche Bundesregierung kann gegen den Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.

Zweiter Fall für Verfassungsgericht

Die Berliner Richter hatten im Juli in einem ähnlich gelagerten Fall die Auffassung vertreten, dass der gesetzliche Zwang zur entschädigungslosen Vorratsdatenspeicherung unzulässig in das Grundrecht auf Eigentum eingreift. Sie legten deshalb diesen ersten Fall ebenfalls dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

Die Berliner Richter hatten damals in ihrer Vorlage argumentiert, dass die Überwachung eine "wesensfremde Aufgabe" für Telekomanbieter sei.

Unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht

Vielmehr sei es ihre Aufgabe, die Telekommunikation ihrer Kunden vertraulich und abhörsicher zu gestalten.

Werden Unternehmen im Rahmen der Strafverfolgung zur Datenspeicherung ohne Entschädigung der Kosten herangezogen, sei das ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufsausübung und auf Eigentum am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Wann Karlsruhe in dem Fall entscheiden wird, ist noch offen.

(futurezone | AFP | Handelsblatt)