Um Sundts Sessel singen die Sägen
Die Verstaatlichtenholding ÖIAG macht offenbar weiter Druck auf einen Wechsel in der Telekom-Austria-Führung. Für den Abend des 12. Dezember - nur einen Tag vor der nächsten ordentlichen Aufsichtsratssitzung bei der TA - hat die ÖIAG jetzt eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung in ihren eigenen Räumlichkeiten einberufen.
Die drei Themen laut Tagesordnung: die neue TA-"Holding-Struktur", die "Anzahl der Vorstandsfunktionen" und eine "Ermächtigung des Personalausschusses" - das erfuhr die APA am Sonntag aus Aufsichtsratskreisen.
Fünf Jahre nach dem Börsengang
Finanzminister Karl-Heinz Grasser drängt bereits seit einem Jahr auf die Ablöse des amtierenden Telekom-Chefs Sundt. Erst Mitte dieses Monats hatte die ÖIAG im Telekom-Aufsichtsrat einen neuen Anlauf zur vorzeitigen Ablöse des langjährigen Telekom-Managers unternommen, was jedoch bei den Kapitalvertretern keine qualifizierte Mehrheit fand.
Überraschend ist das nicht, denn eine vorzeitige Ablöse ist schwer zu argumentieren. Unter Sundts Führung kehrte die gebeutelte Telekom - die damals offiziell "jet2web" hieß - nicht nur alsbald in die Gewinnzone zurück. Fünf Jahre nach einem von der ÖIAG verordneten Börsegang, der zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt angesetzt war, nämlich genau während des Platzens der Dot.com-Blase, steht die Aktie der TA bei mehr als dem Doppelten des Ausgabekurses.
Die Ablösespekulationen am Freitag"Angebot, das er nicht ablehnen kann"
Der Expansionskurs Richtung Osten - vor allem die Übernahme des bulgarischen Marktführers Mobiltel - wiederum entzückt die Kapitalmärkte. Finanzminister Grasser, der schon mehrere vergebliche Versuche unternommen hatte, Sundt aus dem Amt zu drängen, erfreut das offensichtlich nicht.
ÖIAG-Sprecherin Anita Bauer erklärte am Freitagabend, es werde keine vorzeitige Ablöse des Telekom-Vorstandes geben. Sundts aktueller Vertrag läuft Mitte 2007 aus. "Erst im April" nächsten Jahres würde daher formell über die Zukunft des Vertrags gesprochen.
Aus den Aufsichtskreisen heißt es jedoch, dass Sundt nun zum freiwilligen Rücktritt gezwungen werden solle - mit einem "Angebot, das er nicht ablehnen kann" -, und das noch vor dem Dezember-Aufsichtsrat.
Nachfolger Sundts als neuer "Vorstandssprecher" der Telekom könnte in diesem Fall der bisherige Mobilfunk-Chef Boris Nemsic werden.
Warnung vor neuem BörsengangStreit um die neue Struktur
Hintergrund der Ablösedebatte ist zum einen der seit Monaten andauernde Streit über eine neue Telekom-Struktur, zum anderen aber auch über einen weiteren Verkauf des Unternehmens. Sundt hat sich erst vergangene Woche erneut gegen eine Teilung des Unternehmens in Festnetz und Mobilfunk ausgesprochen. Die "Presse" berichtete am Wochenende unter Berufung auf Finanzkreise, dass die Mobilkom noch im ersten Halbjahr 2006 getrennt verkauft werden soll.
In den Aufsichtsratskreisen ist von einem Verkauf von bis zu 49 Prozent der Mobilkom die Rede. Darüber werde bereits seit Monaten diskutiert - und zwar mit dem Argument, dass die Telekom dadurch zusätzliche Geldquellen für die weitere Expansion erschließen könnte, heißt es. Ein Teil des Verkaufserlöses würde über eine Sonderdividende aber auch der ÖIAG zufließen. Der Wert der Mobilkom wird auf sechs bis acht Mrd. Euro geschätzt.
