Milliardenschäden durch Love-Virus
Der als Liebesbrief getarnte E-Mail-Wurm "I love you" hat nach Ansicht von Experten möglicherweise wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Weltweit wurden die E-Mail- Systeme vieler
Unternehmen lahm gelegt, Behörden und Parlamente waren zeitweise elektronisch von der Außenwelt abgeschnitten.
Heute bekam der Worm Ableger in Form neuer Versionen. Die Spur des Programms wurde bis auf die Philippinen zurückverfolgt, wo ein nicht näher identifizierter 22-Jähriger als Urheber verdächtigt wird.
"Es ist der bösartigste, schädlichste, teuerste und am schnellsten um sich greifende Virus in der Computergeschichte", sagte Peter Tippett von der US-Computersicherheitsfirma ICSA.net. Allein in Nordamerika dürfte ein Schaden von einer Milliarde Dollar entstanden sein. Darin sind Produktionsausfälle sowie Kosten für die Beseitigung von Softwareschäden und für neue Antivirusprogramme enthalten.
Der Virus hatte am Donnerstag per E-Mail lawinenartig das Internet überschwemmt [die FutureZone berichtete]. Im Schneeballsystem verschickt sich der Virus weltweit an andere Adressen, sobald der Empfänger die elektronische Post mit dem Betreff "I love you" öffnet.
Die EU-Kommission kündigte heute an, sich verstärkt um die Computersicherheit zu bemühen. "Dieser Virus ist eine Warnung an uns alle, dass der Sicherheit die höchste Priorität beim Eintritt in das Informationszeitalter eingeräumt werden muss", hieß bei der Kommission in Brüssel.
Nur so könne das Vertrauen der Verbraucher und Investoren in den elektronischen Handel erhalten bleiben, so die Kommission.
In den USA schlich sich der Massenvirus in die Netzwerke des Kongresses, des Verteidigungsministeriums, der Zentralbank, der Küstenwache und vieler weiterer Behörden ein. 60 bis 80 Prozent aller Unternehmen waren ebenfalls betroffen. Japan und China wurden dagegen kaum berührt - dort sind viele Unternehmen wegen mehrerer Feiertage in dieser Woche geschlossen.
"I love you" hat unterdessen mehrere Ableger bekommen. Unter den Betreffzeilen "Funny News" und "Joke" seien neue Versionen unterwegs, die den gleichen Schaden anrichten und sich ebenso verbreiten wie "I love you".
Als jüngste Variante sei ein "Muttertagsvirus" aufgetaucht, berichtet die Firma F-Secure, die Sicherheits-Software herstellt. Die Virus-Mail kündige sich als Bestätigung einer elektronischen Bestellung zum Muttertag am 14. Mai an. "Wenige Tage vor dem Muttertag ist diese Attacke ziemlich
glaubwürdig", sagt F-Secure-Manager Mikko Hypponen. Der Ableger-Virus sei genauso verheerend wie das Original.
Bei der Suche nach dem Urheber des als Liebesbrief getarnten Massenvirus ist der philippinische Internet-Provider AccessNet auf die Spur eines 22-Jährigen aus der Hauptstadt Manila gestoßen. Er benutze Pre-paid-Karten, mit denen man anonym Zugang zum Internet bekommen kann. Beim Datenabgleich mit anderen Internet-Providern sei man auf diesen noch unbekannten Nutzer gekommen, der die E-Mail- Adresse spyder@super.net.ph benutzt.
Im Nationalen Computer Zentrum [NCC] der Philippinen wurde dies jedoch als "reine Spekulation" bezeichnet. Der Virus "könnte von überall her kommen", sagte NCC-Direktor Ramon Seneres. Für Virii-Spezialisten sei es kein Problem, ihre Identität und ihre Adresse zu verschleiern.
In ganz Europa hatte der elektronische "Wurm" zu Ausfällen in der elektronischen Kommunikation geführt: In Skandinavien und Großbritannien waren neben Privatfirmen auch die Parlamente betroffen. In Belgien wurden nach Medienberichten fast die Hälfte aller Computer vom Virus heimgesucht.