UNO will Netzverwaltung neu regeln
Die Debatte darüber, wie das Internet zukünftig "verwaltet" werden soll, ist gestern in eine neue Phase getreten:
UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat wie erwartet den Schweizer Markus Kummer zum Chef des UN-Sekretariates für "Internet Governance" in Genf ernannt. Das Sekretariat ist ein Resultat des Weltinformations-Gipfels [WSIS] vom Dezember 2003 in Genf.
Das Sekretariat soll zunächst eine Arbeitsgruppe von 15 bis 20 Personen vorschlagen. Die Arbeitsgruppe soll dann Vorschläge zu einer Definition von Internet Governance liefern und Fragen des Konsumentenschutzes, des Datenschutzes und des geistigen Eigentums behandeln.
Ebenso soll die Netzwerk-Sicherheit und der Kampf gegen unerwünschte elektronische Massensendungen [Spam] diskutiert werden. Der Bericht der Arbeitsgruppe soll bis zum nächsten Weltkommunikationsgipfel vom November 2005 in Tunis vorliegen.
Die Entscheidung wurde beim Treffen der "United Nations Information and Communication Technologies Task Force" [ITC Task Force] in New York bekannt gegeben.

Reiz-Thema
Die Diskussionen, wie Regierungen, die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft mit dem Internet umgehen sollen, seien sowohl politisch wie auch emotional sehr geladen, sagte Kummer am Freitag in New York.
Dies dürfte nach seiner Einschätzung ein Grund sein, warum die Schweiz mit ihrer neutralen Position und ihrem großen Engagement in Internet-Fragen den Posten besetzen dürfe.
Kummer soll seine Arbeit "so schnell wie möglich" aufnehmen.

ICANN vs UNO
Hintergrund der Ernennung ist die Unzufriedenheit vieler Länder mit der von den USA eingesetzten halb privaten Netzverwaltung ICANN [Internet Corporation for Assigned Names and Numbers].
Eine Reihe von Entwicklungs- und Schwellenländern forderte bereits im Vorfeld des Weltinformationsgipfels in Genf, dass die Internet-"Verwaltung" auf ein UNO-Gremium übertragen werden soll.
Der Gipfel in Genf drohte dann an dieser Frage beinahe vollständig zu scheitern, woraufhin man das Problem an die Arbeitsgruppe delegierte, die jetzt unter Kummer ihre Arbeit aufnehmen wird.
Statt der ICANN soll nach dem Wunsch einiger Länder die Netzverwaltung auf nationaler Ebene durch die jeweiligen Regierungen und auf internationaler Ebene durch eine UNO-Organisation wie die International Telecommunications Union [ITU] erfolgen.

ICANN verspricht "Modernisierung"
Während die Internet-Veteranen Vint Cerf und Bob Kahn am Freitag in New York jede Änderung in der Netzverwaltung ablehnten, so lange das Internet leidlich funktioniere, scheint man bei der ICANN selbst den Druck der unzufriedenen Länder deutlich zu spüren:
ICANN-Manager Paul Twomey beteuerte, dass man unter anderem durch die Eröffnung von neuen Niederlassungen bereits eine Internationalisierung und "Modernisierung" der eigenen Arbeit anstrebe.