14.11.2003

LETZTE RUNDE

"Microsoft setzt Zeugen unter Druck"

Am letzten Tag der Anhörung im Wettbewerbsstreit zwischen der Europäischen Kommission und Microsoft hat der Branchenverband CCIA schwere Vorwürfe gegen den US-Softwaregiganten erhoben.

Microsoft setze Kunden und Konkurrenten unter Druck, damit sie in Brüssel keine Aussage machten, sagte CCIA-Präsident Ed Black am Freitag vor Journalisten in Brüssel. In der "Computer and Communications Industry Association" [CCIA] sind große IT-Unternehmen wie Oracle, Nokia und Sun Microsystems vertreten.

Microsoft seinerseits hatte am Donnerstag betont, eine einvernehmliche Lösung mit der EU-Kommission finden zu wollen.

"Unlautere Mittel"

Außerdem versuche Microsoft durch die Verknüpfung seines Media-Player-Programms mit dem auf 90 Prozent aller PCs weltweit installierten Windows-Betriebssystem, Konkurrenzprodukte wie RealPlayer und Apple QuickTime vom Markt zu drängen. Im Extremfall könnte Brüssel Strafen in Höhe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Microsoft-Umsatzes verhängen, das wären rund drei Milliarden USD.

Wie der CCIA-Präsident behauptet, kämpft der vom US-Milliardär Bill Gates gegründete Konzern nun auch mit unlauteren Mitteln darum, die Brüsseler Kommissare von einer Entscheidung gegen Microsoft abzubringen.

Manager verschiedener Unternehmen "haben mir gesagt, dass sie gerne gekommen wären, dass es für sie aber zu gefährlich sei", erläuterte Black. "Wenn Sie in Ihrem Unternehmen 5.000 Computer haben, werden Sie früher oder später auf die Hilfe von Microsoft angewiesen sein." Black forderte die Kommission auf, sich nicht auf einen faulen Kompromiss einzulassen, sondern eine formale Strafe gegen den US-Konzern zu verhängen.

Microsoft will sich mit EU einigen

Microsoft-Chefanwalt Brad Smith hatte am Donnerstag am Rande von Gesprächen mit EU-Vertretern in Brüssel betont, seine Firma wolle sich mit der Kommission einigen.

Die hinter verschlossenen Türen stattfindenden Gespräche sollten am Freitagnachmittag abgeschlossen werden; eine einvernehmlich Lösung zeichnete sich bis Mittag nicht ab. Die Entscheidung der Brüsseler Wettbewerbshüter wird allerdings erst im Frühjahr 2004 erwartet.

Ein ähnlicher Wettbewerbsstreit um Microsoft in den USA war vor einem Jahr mit einem Kompromiss beigelegt worden, den die Microsoft-Gegner als völlig unzureichend betrachten.