"Internet macht keine Kinderschänder"
Immer wenn bei erfolgreichen Razzien gegen die Kinderporno-Szene vor allem Computer beschlagnahmt werden, drängt sich bei vielen der Eindruck auf, die Kinderschänder-Szene könne ohne das Internet gar nicht existieren.
"Natürlich ist die Szene nicht erst mit dem Internet entstanden", betont dagegen der Wiesbadener Kriminologe Rudolf Egg, muss aber einräumen: "Sie ist allerdings durch das Netz beflügelt worden."
Schließlich hätten Pädophile jetzt viel mehr Möglichkeiten als vorher. Durch die digitale Fotografie, die professionelle Abzüge überflüssig mache, und den ungestörten Austausch von Bildern sei die Sache für sie viel einfacher geworden.
Zudem werde wohl auch die Hemmschwelle geringer, bisher unausgelebte Fantasien in die Tat umzusetzen. "Pädophile erkennen sich natürlich nicht auf der Straße", erklärte der Leiter der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden. Das Internet bringe Menschen mit speziellen Vorlieben leichter zusammen. "Aber letztlich wird niemand, der diese Vorlieben nicht hat, dort zum Kindesmissbrauch getrieben", ist Egg überzeugt.

"Totale Kontrolle ist nicht möglich"
Schon von Anfang an hat der Deutsche Kinderschutzbund das Internet kritisch beäugt: "Das ist eine Möglichkeit, Gewalt gegen Kinder weiter zu verbreiten", erklärte Geschäftsführerin Gabriele Wichert. "Die Erfolge in den letzten Wochen zeigen aber, dass das Thema sehr ernst genommen wird und dass sich die internationale Zusammenarbeit verbessert hat."
Tatsächlich ist es schwierig, aus der Häufung der aufgedeckten Fälle von Kinderpornografie auf den tatsächlichen Umfang der Straftaten zu schließen: "Die Zahlen verdeutlichen im Grunde nur die polizeilichen Aktivitäten", sagte Egg.
Umfassende technische Beschränkungen im Internet, die die Verbreitung solcher Bilder von vornherein unmöglich machen, kann es nach Meinung von Experten nicht geben: "Totale Kontrolle ist nicht möglich und auch nicht wünschenswert", heißt es beispielsweise auf der Homepage von "Jugendschutz.net", einer von den Jugendministern der deutschen Länder eingerichteten Stelle, die im Internet nach jugendgefährdenden Inhalten sucht und ihre Aufgabe vor allem darin sieht, den Zugang von Minderjährigen zu problematischen Angeboten zu verhindern.
Dass Kinderschänder sich trotz der schwierigen Kontrolle nicht hundertprozentig sicher fühlen können, haben die Fälle der vergangenen Wochen gezeigt. So gibt es beispielsweise beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden eine "Zentralstelle für anlassunabhängige Recherchen im Internet". Die Beamten durchforsten dort nach Angaben eines Sprechers regelmäßig das Internet nach kriminellen Inhalten und geben entsprechende Hinweise an die zuständigen Staatsanwaltschaften oder auch an ausländische Behörden weiter.
