Frankreich will Gewaltvideos eindämmen

07.03.2007

Ein neues französisches Gesetz soll die Veröffentlichung von "Happy Slapping"-Gewaltvideos im Netz einschränken. Die Organisation Reporter ohne Grenzen warnt davor, dass von dem Gesetz auch Personen betroffen sein könnten, die Polizeigewalt filmen.

Im Rahmen eines Gesetzes, das jugendliche Gewalt einschränken soll, will die französische Regierung auch gegen die Veröffentlichung von Gewaltvideos im Netz mobil machen.

Das Gesetz zielt vor allem auf das "Happy Slapping" ab, bei dem gewalttäge Attacken auf Video aufgenommen und danach im Netz publiziert werden.

Journalisten ausgenommen

Künftig soll es in Frankreich deshalb nur noch professionellen Journalisten erlaubt sein, Gewaltszenen zu filmen und zu veröffentlichen.

Betreiber von Websites, die "unrechtmäßig" gefilmte Videos veröffentlichen, müssen mit Haftstrafen bis zu fünf Jahren und mit Geldstrafen bis zu 75.000 Euro rechnen.

Im australischen Bundesstaat Victoria hatte die Regierung den 1.600 Schulen der Region wegen des "Gewaltvideo-Mobbings" vor kurzem den Zugang zur Online-Videoplattform YouTube gesperrt.

Reporter ohne Grenzen warnt

Die Organisation Reporter ohne Grenzen warnte am Mittwoch davor, dass mit dem Gesetz auch Personen belangt werden könnten, die Polizeigewalt filmen.

"Ich hoffe zwar nicht, dass es einen Richter gibt, der jemanden verurteilt, der die Polizei bei gewalttätigen Handlungen filmt", sagte Julien Pain, der bei Reporter ohne Grenzen für die Internet-Pressefreiheit zuständig ist, gegenüber ORF.at.

Die Strafandrohung könnte jedoch viele Leute davon abhalten, künftig mit solchen Videos an die Öffentlichkeit zu gehen.

Der französische Verfassungsrat stimmte dem Gesetz am 3. März zu. Auf den Tag genau 16 Jahre davor, am 3. März 1991, wurden in Los Angeles vier Polizisten vom Amateurfilmer George Holliday dabei gefilmt, wie sie den schwarzen US-Bürger Rodney King misshandelten. Der Freispruch der Polizisten im Jahr 1992 führte zu heftigen Unruhen in der Stadt. In einem zweiten Verfahren wurden die Polizisten schließlich schuldig gesprochen.

Würde Holliday heute in Frankreich eine ähnliche Szene filmen, könnte er dafür im Gefängnis landen, warnte auch ein Sprecher der französischen Bürgerrechtsgruppe Odebi.

Journalisten und Nicht-Journalisten

Es sei auch unklar, wie vor Gericht künftig zwischen Journalisten und Nicht-Journalisten unterschieden werden soll, sagte Pain.

Im Gesetz sei davon die Rede, dass Leute, deren Beruf es sei, die Öffentlichkeit zu informieren, von der Strafe ausgenommen seien, sagte Pain: "Vor allem in Bezug auf Weblogs und Bürgerjournalismus im Internet ist diese Unterscheidung problematisch."

Zunehmende Regulierung des Internets

Pain verwies gegenüber ORF.at auch darauf, dass es in Frankreich zunehmend Bestrebungen gebe, das Internet zu regulieren. Derzeit werde etwa in der Nationalversammlung auch ein Zertifizierungssystem für Websites diskutiert.

Dabei solle eine von der Regierung eingesetzte Kommission Qualitätszertifikate an Websites vergeben. Solche Qualitätssiegel, warnte Pain, könnten auch dazu führen, dass viele Informationen der Selbstzensur zum Opfer fallen.