
Spielerische Kreativität made in Austria
Am Wochenende hat in Wien die erste Austria Game Jam stattgefunden. Von Freitag bis Sonntag konzipierten und entwickelten die Teilnehmer dabei drei Videospiele, die sich nach der lokalen einer internationalen Bewertung stellen müssen. Insgesamt nahmen an der weltweit ausgetragenen Global Game Jam rund 4.000 Spielebegeisterte teil.
Nicht ganz zwei Tage hatten die am Ende zwölf Teilnehmer der heuer zum ersten Mal ausgetragenen und vom Verein für innovative Unterhaltungssoftware veranstalteten Austria Game Jam Zeit, ein Spiel von Grund zu konzipieren, zu designen und am Ende auch spielfähig zu machen. Am Freitag gegen 18 Uhr bekamen sie die Regeln und Vorgaben, Abgabeschluss war Sonntag um 15 Uhr.
Ort der Veranstaltung war ein Firmengelände in Wien 14, wo von den vier Veranstaltern ein großer Raum extra angemietet und mit der notwendigen Infrastruktur wie Internet - das allerdings gegen Ende die Kooperation verweigerte - ausgerüstet wurde.
"Decepticolor" ist als Flash-Spiel direkt im Browser nutzbar.
Herausgekommen sind drei ganz unterschiedliche Spiele, die das global vorgegebene Motto Deception (Täuschung) und die für die Zeitzone zusätzlich geltenden Regel zumindest einen Affen, einen Esel oder einen Schlüssel ins Spiel zu integrieren, zum Teil recht eigenwillig interpretierten.
Farbspielereien mit "Decepticolor"
"Decepticolor", das vom Publikum und der Jury zum besten Spiel des Wochenendes gekürt wurde, hat weder einen Affen noch einen Esel vorzuweisen, ist aber von allen drei Spielen das ausgereifteste. Das Team dahinter war mit sechs Mitgliedern allerdings auch das größte, mit Peter Vorlaufer und Jan Hackl vom heimischen Entwicklerstudio Broken Rules ("And Yet It Moves") waren zudem zwei erfahrene Spielentwickler mit an Bord.
Ziel des Spiels ist es, zwei Rechtecke richtig umzufärben, damit sie in die Vorlage passen. "Der Sound beim Drauflegen klingt wie ein Schlüssel", versuchte Vorlaufer bei der Präsentation des Spiel das Manko der nicht ganz erfüllten Vorgaben zu überspielen.
Adventure und Action
Beim Adventurespiel "Get through it" sind sowohl Affe als auch Esel vertreten. Der Spieler muss diese davon abhalten, der Prinzessin, die am Ende gerettet werden soll, zu nahe zu treten. Die beiden Entwickler Peter Neubauer und Simon Parzer schafften es wegen des Ausfalls zweier Teammitglieder nicht ganz, das Spiel komplett fertig zu stellen. Von vier geplanten Levels konnten in den 30 Stunden Netto-Arbeitszeit zwei realisiert werden. Die beiden Informatik-Studenten von der TU Wien bekamen den Veranstalter-Award, weil sie das Thema mit "Liebe zum Detail gut umgesetzt" haben.
Alle Spiele der Global Game Jam werden unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht und können von Interessierten auch modifiziert werden.
Die dritte Gruppe war wohl einer der jüngsten im weltweiten Teilnehmerfeld: Die vier Schüler zwischen 13 und 14 Jahren schufen mit "Monkey Döner" eine Mischung aus Adventure und Actionspiel, bei dem der Spieler als Esel zuerst Fragen beantworten und Döner-Sandwiches essen muss und dann gegen einen Zauberer kämpft. Sie brauchten für die Umsetzung der Idee 20 Stunden und nutzten dazu die Programmiersprache Python unter Linux.
Teilnehmer erschöpft, aber glücklich
Bei der Siegerehrung am Sonntag war allen Teilnehmern eine gewisse Erschöpfung durchaus anzumerken, gleichzeitig wirkten sie aber auch überaus glücklich: "Es war großartig, ich würde das jederzeit wieder machen, auch wenn es stressig und nervenaufreibend war", meinte Parzer.
Die Erfinder von "Decepticolor" grübelten nach Ende der Veranstaltung bereits, ob und wie sie mit den Abfallprodukten des Wochenendes - den verworfenen Ideen und Konzepten - weiterarbeiten könnten. Auch über eine Kommerzialisierung von "Decepticolor" diskutierten sie angeregt.
Wiederholung für 2011 geplant
Für die vier Veranstalter war die Austria Game Jam ebenfalls ein Erfolg, wenn auch kein kommerzieller. Trotz tatkäftiger Unterstützung durch die Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen (BuPP) und 15 Euro Teilnahmegebühr pro Teilnehmer mussten sie laut eigenen Angaben auch Geld aus der eigenen Tasche in das Event investieren.
"Wenn man vergleicht, dass die ebenfalls zum ersten Mal stattfindende Game Jam in Berlin mit 15 Teilnehmern auch nicht viel größer war als wir, können wir eigentlich zufrieden sein", zeigte sich Jürgen Musil, einer der Hauptinitiatoren und früher Game Designer bei Avaloop, mit dem Ergebnis sichtlich zufrieden. Die Idee, eine Game Jam in Wien zu veranstalten, sei aus Eigeninteresse entstanden: "Das hätte ich auch gerne gehabt als Kind", meinte sein Mitstreiter David Schwingenschlögl, Softwareprogrammierer aus Linz. Ziel sei es auf lange Sicht, das vorhandene Potenzial der heimischen Kreativszene und vor allem der Indie-Entwickler zu zeigen und zu unterstützen, so Musil.
Entwicklung rund um den Globus
Kollege Burstup von FM4 war als Juror dabei.
Mehr dazu in fm4.ORF.at.
Diesmal seien vor allem viele Techniker und Programmierer dabei gewesen, für 2011 hoffen die heimischen Veranstalter zusätzlich Menschen mit anderen Interessensgebieten für das Event gewinnen zu können, etwa Grafiker und Tonkünstler. Grundsätzlich kann bei der Global Game Jam jeder teilnehmen, der sich für Videospiele interessiert - weltweit waren das von Los Angeles bis Sydney heuer rund 4.000 Leute.
Sie entwickelten ihre rund 1.000 Spiele für alle möglichen Plattformen, von Windows, Linux und Mac OS X über Microsofts Xbox und Nintendos Wii bis hin zu Apples iPhone und Googles Android. Letztes Jahr kamen bei der ersten Global Game Jam, eine Initiative der International Game Developers Association (IGDA), von über 1.600 Teilnehmern aus 23 Ländern 370 Spiele zusammen.
(futurezone/Nadja Igler)