Köhler will Internet-Sperrgesetz prüfen
Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler will das umstrittene Gesetz über Internet-Sperren gegen Kinderpornografie offenbar vorerst nicht unterzeichnen, berichtet das Magazin "Spiegel".
Köhler bat zunächst bei der Bundesregierung um "ergänzende Informationen" zu der geplanten Neuregelung. Erst nach deren Auswertung wolle er darüber entscheiden, ob er das Gesetz unterzeichnen werde oder nicht. Ohne die Unterschrift von Köhler kann das Gesetz nicht in Kraft treten.
Aussetzung des Gesetzes "problematisch"
Die geplanten Internet-Sperren waren noch in der Regierungszeit der Großen Koalition vom Parlament beschlossen worden und war eine Initiative von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Allerdings verständigte sich die neue schwarz-gelbe Koalition auf Druck der FDP darauf, das Gesetz vorerst nicht anzuwenden. Das wäre allerdings rechtlich problematisch.
Möglich wäre laut "Spiegel", dass Bundestag und Bundesrat eine neue Regelung verabschieden, mit dem das Gesetz über die Internet-Sperren wieder aufgehoben wird. Bis dahin könnte Köhler dessen Inkrafttreten verzögern, in dem er das Gesetz nicht unterschreibt.
Nach einem Bericht der "WirtschaftsWoche" wollen Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) mit einem Erlass die Anwendung des Internet- Sperrengesetzes stoppen. In der FDP-Fraktion gebe es aber Zweifel, ob das ein rechtsstaatlich korrektes Verfahren ist.
"Löschen statt Sperren"
Die geplanten Sperren im Netz hatten heftige Reaktionen ausgelöst. Sie könnten leicht umgangen werden, außerdem könnten sie als Einstieg in eine umfassende staatliche Zensur-Infrastruktur missbraucht werden, wurde kritisiert.
Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, bezeichnete das Gesetz als "unsinniges Placebo im Kampf gegen Kinderpornografie". Der Juli-Vorsitzende Johannes Vogel erinnerte an das politische Ziel der neuen Bundesregierung: "Löschen statt Sperren." Es dürfe in Deutschland keine Zensur-Infrastruktur geben. Die Bundesregierung müsse in jedem Fall sicherstellen, dass die Netzsperren nicht kommen.
(AFP/dpa)