Patente auf Geschäftsmodelle vor Höchstgericht

USA
10.11.2009

Mit Spannung blickt die Industrie in den USA seit Montag auf den Obersten Gerichtshof, der sich mit der grundsätzlichen Frage befassen muss, ob Geschäftsmodelle patentierbar sind. Die Entscheidung des Supreme Court könnte weitreichende Auswirkungen auf das US-Patentsystem haben.

Wenn sich das Gericht der Auffassung des US-Patentamts anschließt, dann sind Geschäftsprozesse und Methoden wie zum Beispiel einige Verfahren beim Online-Shopping und beim Handel an der Wall Street nicht mehr patentwürdig. Auch Software-Patente könnten betroffen sein. Am Montag fand in Washington zu diesem Thema eine mündliche Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof statt.

Im für die Software-Industrie schlimmsten Fall könnten viele derzeitige Patente ungültig werden oder zumindest vor Gericht nur noch schwer zu verteidigen sein. Der Fall könne große Bedeutung für die Industrie haben, erklärte Emery Simon, Anwalt des Industrieverbandes Business Software Alliance (BSA), dem Firmen wie Microsoft und Intel angehören.

Fall aus dem Jahr 1997

Dabei geht es in dem Fall, der nun vor dem Obersten Gerichtshof verhandelt wird, gar nicht um Software. 1997 wollten Bernard Bilski und Rand Warsaw eine Methode patentieren lassen, um wetterbedingte Risiken in Energiepreise einfließen zu lassen. Das Patentamt fand, dieser Vorgang sei zu abstrakt, und verweigerte die Anerkennung.

Dem schloss sich im vergangenen Jahr auch das Berufungsgericht an. Es entschied, dass Prozesse nur dann patentierbar seien, wenn sie in Bezug "zu einer bestimmten Maschine oder einem Apparat" stehen oder wenn sie etwas in einen anderen Status oder eine andere Form verwandeln. Das treffe auf den Bilski-Antrag nicht zu.

Ob das die richtigen Kriterien für Patente sind, muss jetzt der Oberste Gerichtshof klären. Das Urteil könnte auch darüber entscheiden, ob durchaus nicht unumstrittenen Patente wie das von Amazon auf das "1-Click"-Shopping rechtens sind. Viele Firmen halten derartige Patente für viel zu weit gefasst. Sie klagen, sie würden oft nur als Waffe in kostspieligen Prozessen eingesetzt, um Lizenzgebühren einstreichen zu können.

Kritik der Open-Source-Hersteller

Zudem gibt es in der IT-Industrie auch Kräfte, die Software-Patenten generell kritisch gegenüberstehen. Dazu gehören Unternehmen wie Red Hat, die mit Open-Source-Software ihr Geld verdienen. Die Open-Source-Bewegung wirbt dafür, den Code von Programmen öffentlich und allgemein zugänglich zu machen, damit andere ihn weiterentwickeln und verändern können. Software-Patente verhinderten oft Innovationen, weil Software-Entwickler immer der Gefahr ausgesetzt seien, dass sie Patente anderer verletzen könnten, erklärt Rob Tiller, Rechtsberater von Red Hat.

Der Oberste Gerichtshof hatte schon früher festgestellt, dass abstrakte Ideen, Naturphänomene und Naturgesetze nicht patentierbar sind. Aber das lässt noch immer einigen Spielraum für die Frage, was denn nun patentwürdig sei. Und auch in der Software- und IT-Industrie herrscht hier keineswegs Einigkeit.

IBM plädiert beispielsweise dafür, dass Erfindungen, die einen "technologischen Beitrag" leisten, als Patent zugelassen werden sollten. Microsoft erklärte, das solle für Erfindungen gelten, die physikalische Eigenschaften hätten oder Ergebnisse in der physikalischen Welt produzierten. Nach Ansicht beider Firmen würde die Bilski-Anwendung nicht ihren Kriterien entsprechen.

Microsoft und Google für strengere Kriterien

Microsofts Rechtsberater Horacio Gutierrez erklärte, es wäre hilfreich, wenn der Oberste Gerichtshof in diesem Fall den Patentanspruch zurückweisen würde. Die Rechtsmeinung der Anwälte von Google deckt sich weitestgehend mit der von Microsoft. Es müssten weiter hohe Standards für Patente gelten. IMBs Rechtsberaterin Marian Underweiser hofft auf ein Urteil, das flexibel und weit gefasst ist. "Wenn es zu eng gefasst ist und zu spezifisch, dann besteht die Gefahr, dass es von der Zeit überholt wird, da sich die Technologie rasch weiterentwickelt."

Für die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) hat die Rechtsprofessorin Pamela Samuelson von der University of California, Berkeley, gegenüber der "New York Times" zu Protokoll gegeben, es sei "höchste Zeit, dass das Höchstgericht der Flut an Business-Patenten Einhalt gebiete", denn es käme zu häufig vor, dass Patente in Bereichen eingesetzt würden, wo sie weder nützlich noch erwünscht seien.

(AP/futurezone)