
Auftakt zur MidemNet in Cannes
Bei der ersten Diskussionsrunde im Rahmen der MidemNet in Cannes sind Michael Robertson, Gründer von MP3.com und MP3Tunes, und der ehemalige EMI-Chef Eric Nicoli aufeinandergetroffen. Robertson sagte dabei Musikabos und werbefinanzierter Musik eine große Zukunft voraus. Nicoli gestand ein, dass die Branche Fehler gemacht habe.
"Der Verkauf von Musik - vor allem von CDs, später auch von Musikdateien im Internet - wird stark abnehmen. Die Zukunft sind Abonnements und über Werbung finanzierte Gratismusik", so die Meinung des Digitalmusikpioniers Robertson, der per Videoschaltung an der ersten Diskussionsrunde der Internet-Musikkonferenz teilnahm.
Robertson - derzeit Geschäftsführer der Firma MP3Tunes, die Online-Speicherplatz für Musik anbietet - konnte nicht wie geplant persönlich in Südfrankreich erscheinen, da er sich gerade in einem Gerichtsstreit mit EMI und anderen Labels befindet.
Die Plattenfirmen haben Robertson und sein Unternehmen wegen Urheberrechtsverletzungen in den USA geklagt, weil der Dienst ihrer Meinung auch den unrechtmäßigen Tausch von Musik ermögliche. Auch die Tauschbörse MP3.com, die Robertson vor rund zehn Jahren gegründet hatte, war damals von den Labels geklagt worden.
"Hang zur Klage"
"Die Musikindustrie hat einen Hang, jede neue Technologie erst einmal zu klagen. Aber so profitiert sie nie von den Innovationen, beispielsweise verdient sie keinen einzigen Cent am Verkauf von MP3-Playern", sagte Robertson in der Diskussionsrunde im Beisein von Nicoli, der vor zwei Jahren als damaliger EMI-Chef das rechtliche Vorgehen gegen MP3Tunes ins Rollen gebracht hatte.
Nicoli, heute Vorstand der Musikfirma R&R Music, verteidigte die Branche. "Wir klagen keine Technologien. Aber wenn Leute mit Hilfe einer Technologie wissentlich gegen das Gesetz verstoßen, dann sollten sie sich nicht wundern, wenn sie jemand dafür verantwortlich macht", sagte er.
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Die MidemNet läuft im Rahmen der Musikmesse MIDEM von 17. bis 18. Jänner. Die MIDEM geht von 18. bis 21. Jänner im Palais des Festivals in Cannes über die Bühne.
"In Zukunft wird anders Geld verdient"
Er räumte aber ein, dass die Plattenindustrie neue Wege aus der Krise brauche. "In Zukunft wird das Geld auf andere Weise verdient. Jedes Geschäftsmodell, das ausschließlich auf den Verkauf von Musik baut, wird es extrem schwerhaben."
Am Beginn der digitalen Revolution vor einem Jahrzehnt habe die Musikbranche zudem vieles falsch gemacht. "Die Industrie ist extrem wandlungs- und technikfeindlich. Das hat nicht gerade geholfen, als sich die digitalen Möglichkeiten eröffneten." Allerdings habe er bei EMI als erstem großen Plattenlabel den Kopierschutz für Musik abgeschafft.
Innovationen aus der "dunklen Seite" des Internets
Robertson sieht die Musikbranche aber immer noch nicht als Bremser: "Es gibt sehr viel Innovation rund um digitale Musik, aber sie kommt von der dunklen Seite des Internets, nicht von der Musikindustrie."
Wer eine neue Idee oder Technologie entwickle, wie man Musik im Netz vermarkten kann, der müsse erst den "langen, schmerzhaften Weg" der Lizenzierung dieser Musik gehen und mit Labels, Verlagen und Managern verhandeln. Das dauere zu lange und behindere das Geschäft.
(dpa)