Bundestag debattiert Überwachungskosten
Der deutsche Bundestag stimmt am Donnerstag darüber ab, wie viel Geld Telekoms und Provider vom Staat für die Mithilfe bei Überwachungsmaßnahmen bekommen sollen. Der Industrieverband Bitkom kritisiert die vorgeschlagenen Entschädigungen als zu niedrig.
Der Bundestag stimmt über einen von den Regierungsfraktionen SPD und Union eingebrachten Entwurf über das TK-Entschädigungs-Neuordnungsgesetz (TKEntschNeuOG) ab. In diesem Gesetz wird festgelegt, wie viel der Staat den Kommunikationsunternehmen für deren Unterstützung bei Abhöraktionen, Überwachungsmaßnahmen und Rasterfahndungen zahlen muss.
VoIP-Überwachung inbegriffen
So zahlt der Staat für die Benutzung von EDV-Anlagen für Zwecke der Rasterfahndung höchstens 0,30 Euro pro CPU-Sekunde, aber auch nur dann, wenn der Betreiber der Anlage nachweisen kann, dass diese mehr als 10.000 Euro gekostet hat.
Die "Umsetzung einer Anordnung zur Überwachung der Telekommunikation" ist dem deutschen Staat 100 Euro pro Anschluss wert. Die Übermittlung der Inhalte kostet ihn pro Monat 75 Euro. Darin ist - interessanterweise - auch die Überwachung von VoIP-Kommunikation inbegriffen.
Auskünfte über Verkehrsdaten
"Auskünfte über Verkehrsdaten" aus der in Deutschland seit Jänner 2008 umgesetzten EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung kosten, inklusive Standortdaten, 30 Euro. Teurer wird die Abfrage der Verkehrsdaten in einem größeren Gebiet. Wenn "die am weitesten voneinander entfernten Punkte mehr als 25 Kilometer" betragen, werden 1.100 Euro fällig. Die Standortabfrage eines Mobiltelefons wird mit 90 Euro abgegolten, eine "Auskunft über die Struktur von Funkzellen" kostet 35 Euro.
Bei Abfragen über zentrale Kontaktstellen etwa des Generalbundesanwalts oder des Bundeskriminalamts (BKA) zahlt der Staat in den meisten der im Katalog aufgeführten Fälle 20 Prozent weniger.
75 Millionen für Datenspeicherung
August-Wilhelm Scheer, Präsident des deutschen IT-Branchenverbands Bitkom, hat das Gesetz in einer Aussendung vom Donnerstag als unzureichend kritisiert. Die IT-Unternehmen seien "zuverlässige Partner bei der Strafverfolgung". Allerdings seien mit dem Gesetz längst nicht alle Ausgaben der Unternehmen für die öffentliche Sicherheit abgedeckt. Unter Berufung auf eine Statistik der Bundesnetzagentur habe der Staat 2007 39.200 Handys und 5.078 Festnetzanschlüsse abgehört.
So fehlten im Gesetz Regelungen zur Abdeckung der Investitionskosten, die die Provider für die Vorratsdatenspeicherung aufwenden müssten. Allein dafür müssten die Telekommunikationsunternehmen 75 Millionen Euro investieren, schreibt Scheer und fordert, dass der Staat die Provider dafür in einem separaten Gesetz entschädigen solle.
Internet-Überwachung nicht inbegriffen
In dieser Summe wiederum ist nicht der Aufwand enthalten, den die Internet-Provider betreiben müssen. Denn ab 2009 sollen auch sie alle Verbindungsdaten sechs Monate lang für Fahndungszwecke aufbewahren müssen.
Die FDP-Fraktion, die den Bitkom-Standpunkt teilt, hat einen Vorschlag zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes eingebracht. Da das Bundesverfassungsgericht erst darüber entscheiden müsse, ob die deutsche Umsetzung der EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundgesetz konform ist, wollen die Liberalen den Zeitraum bis 1. Jänner 2010 verlängern, in dem Provider, die die Datenspeicherung nicht sichergestellt haben, nicht bestraft werden.
Auch in Österreich steht die Umsetzung der EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung an. Standpunkt des zuständigen Infrastrukturministeriums war bisher, die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu einer Klage Irlands gegen die Richtlinie abzuwarten.
(futurezone/Günter Hack)
