Die Telcos und der Wahlkampf
Eine Unternehmergruppe hat am Freitag beim Berliner Landgericht eine Schadenersatzklage gegen den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinen Finanzminister Hans Eichel eingebracht.
Ihnen wird im Zusammenhang mit der Ablöse des Ex-Managers der zur rund einem Drittel in Staatseigentum befindlichen Deutschen Telekom, Ron Sommer, mehrfacher Verstoß gegen das Aktiengesetz vorgeworfen.
Parallel dazu setzt sich Schröder für den Erhalt der Arbeitsplätze beim DT-Konkurrenten MobilCom ein. Angeblich soll die öffentliche Hand für Kredite über 200 Millionen Euro bürgen.
Von einem Zusammenhang mit dem laufenden Wahlkampf sprechen sicher nur böse Zungen.
Aus dem Spiegel
Die Vorwürfe in der eingereichten Klage beziehen sich laut einem
Bericht des "Spiegel" auf die Millionen, die Ron Sommer bei seiner
Ablöse als Abfindung erhalten hat. "Sommer habe sich [...] auf den
Standpunkt gestellt, dass ihm neben dem Gehalt für die Restlaufzeit
des Vertrags eine zugesagte Verlängerungsoption über drei weitere
Jahre ausbezahlt werden müsse. Außerdem stünden ihm [...]
Aktienoptionen zu, die Sommer mit einem Wert zwischen 150 und 375
Millionen Euro beziffert haben soll."
Die Aktionärsstruktur der Deutschen Telekom AGDie Vorwürfe aus der Klage
Man habe sich schließlich vor der über die Ablöse entscheidenden Aufsichtsratssitzung auf "mehr als 65 Millionen" geeinigt, wird in der Klagsschrift behauptet. Da es aber Gründe gegeben habe, Sommer ohne Abfindung aus seinem Amt zu entlassen, sei diese Ausgabe eine von den beiden Beklagten zu verantwortende Verletzung des Aktiengesetzes.
Eichel habe gewusst, so will man den Schadenersatzanspruch untermauern, dass die Bilanzen der Telekom wegen einer Falschbewertung des Immobilienvermögens und des überhöhten Kaufpreises von Voicestream "nicht ordnungsgemäß" seien. Dennoch habe er auf die Einschaltung des Rechnungshofes und die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung verzichtet.
Einen weiteren Verstoß gegen das Aktiengesetz sieht man darin, dass das Kanzleramt im Rahmen der Nachfolgersuche diverse Manager angesprochen habe.
Die Deutsche Telekom wollte die "wilden Spekulationen" nicht kommentieren, während das Finanzministerium mitteilte, dass die Ablösung Sommers vom Aufsichtsrat ohne Einmischung des Finanzministeriums betrieben worden sei.
MobilCom abhängig von France Telecom
Wie France Telecom Donnerstagnacht im Anschluss an eine Sitzung
des Verwaltungsrats in Paris mitteilte, wird die Versorgung von
MobilCom mit Liquidität eingestellt. MobilCom-Chef Thorsten Grenz
hatte bereits angekündigt, dass sein von France Telecom finanziell
abhängiges Unternehmen in diesem Fall innerhalb von wenigen Tagen
Insolvenz anmelden müsse.
Deutsch-Französisches Telekom-DramaÜber 5.000 MobilCom-Jobs in Gefahr
Trotz des Umstandes, Vertreter eines des größten Eigentümers der Deutschen Telekom zu sein, will sich Bundeskanzler Gerhard Schröder für den Erhalt des lästigen Konkurrenten MobilCom einsetzen.
Gegenüber der hannoveraner "Neuen Presse" äußerte sich Schröder so: "Was wir machen können zur Rettung der Arbeitsplätze, werden wir tun". Durch ein Engagement des Staates dürfe der Markt nicht verzerrt werden und es sei nun Aufgabe der Landesregierung, des Bundeswirtschaftsministeriums und der Unternehmensführung über Auswege zu diskutieren. "Dann wird man sehen, was darüber hinaus erforderlich und in der Sache geboten ist."
Die "Bild"-Zeitung will derweil wissen, dass der Bund für die für das nächste halbe Jahr notwendigen 200-Millionen-Euro-Kredite für die Mobilcom bürgen werde. Morgen, Sonntag, ist jedenfalls eine Krisensitzung mit Regierungsvertretern und Mobilcom-Managern angesetzt. Eine Woche später schreiten die Deutschen zu den Urnen.
