EU-Hearing zur Patentlandschaft

13.07.2006

Im Vorfeld hatte sich die Diskussion über Software-Patente zwar um kleine und mittlere Unternehmen gedreht, das Sagen hatten am Mittwoch aber die Riesen der Elektronik-, Auto- und Pharma-Industrie. EU-Kommissar Charles McCreevy versicherte, Software-Patente kämen während seiner Amtszeit nicht mehr auf den Tisch.

Grade der Öffentlichkeit

Das öffentliche Hearing zur EU-Konsultation für eine Neuordnung des europäischen Patentwesens verlief am Mittwoch so, wie es vom bisherigen Kurs der EU­Kommission gewohnt war.

Die öffentliche Konsultation, zu der jeder einreichen konnte, wurden mit einer weniger öffentlichen Initiative der Kommission verknüpft, die das Patentbewusstsein bei KMUs stärken sollte.

Fraunhofer für Software-Patente

Beim Hearing war zwar viel von Patenten und KMUs die Rede, die Reden aber schwang die große Industrie. Vom Fraunhofer-Institut bis zum Rüstungskonzern EADS, die beide täglich bis zu zwei Patente anmelden, wurde ein EU-Gemeinschaftspatent urgiert.

Wenigstens nach Meinung des Fraunhofer-Vertreters sollte - sinngemäß zitiert - diese Regelung Patente auf Software nicht ausschließen, zumal Software-Entwickler dieselben Möglichkeiten haben sollten, wie sie Hardware-Technikern und Chemikern der Pharma-Industrie offen stehen.

Die Großen

Ansonsten stammten wenigstens drei Viertel aller Wortmeldungen von multinationalen Pharma-, Elektronik- und Automobilkonzernen bzw. einschlägigen Fachverbänden, Patentanwälten, Patentamtsangestellten usw.

Von Vertretern kleiner und mittlerer Unternehmen selbst war dann weniger zu hören. Die seien zwar zu Beginn des Hearings als "Backbone" der Technologie Europas bezeichnet worden, sagte Eva Lichtenberger [Grüne], die einzige Abgeordnete aus Österreich, die das Hearing verfolgt hatte. Nun komme es darauf an, einen Kurs im EU-Patentrecht zu verfolgen, "der dieses Rückgrat nicht bricht".

Dieser Ansatz der Kommission für eine grundsätzliche Regelung des EU-Patentwesens - bis jetzt gibt es keine EU-offizielle, verbindliche Regelung - kommt genau ein Jahr, nachdem das EU-Parlament die Vorschläge der EU-Kommission mehrheitlich abgelehnt hatte.

Die Position europäischer Konzerne

Der Ablehnung vorangegangen war 2004/2005 eine mit zunehmender Erbitterung geführte Diskussion zwischen Parlamentariern und der Kommission, die von ihrer Linie der Befürwortung von Patenten auch auf Software nicht abgerückt ist.

Die Position europäischer Konzerne gegenüber ihren US-Mitbewerbern soll damit gestärkt werden, zumal Patente längst zu Waffen für die milliardenschweren Prozesse besonders im IT-Sektor umgeschmiedet worden sind.

Gegner und Befürworter

Im Vorfeld dieses öffentlichen Hearings hatte es bereits böses Blut gegeben, denn das Misstrauen der Parlamentarier gegenüber der Kommission, die jahrelang mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln und Tricks gekämpft hatte, um ihren Standpunkt durchzusetzen, ist tief.

An den Positionen beider Seiten, deren Interessen in puncto Software-Patente kollidieren, hat sich nichts geändert: Europas Software-Unternehmensmittelstand, freie Programmierer und Open-Source-Communitys sowie eine Mehrheit im EU-Parlament gegen die EU-Komission und Konzerne wie Bosch, Daimler-Chrysler, EADS, Nokia, Philips, Volvo, Thomson et al.

Parallele Patent-Initiative

Das Misstrauen der Parlamentarier wurde dadurch erneut angefacht, als bekannt wurde, dass die Kommission, während ihre öffentliche Konsultation noch lief, eine weitere Initiative gestartet hatte, bis vor kurzem weit weniger öffentlich bekannt war.

Die EU-Generaldirektion für Unternehmen und Industrie [Kommissar und Vizepräsident der Kommission ist Günter Verheugen] hatte über die European Information Centers [EIC] kleine und mittlere Unternehmen von wenigstens 14 EU-Mitgliedsstaaten kontaktiert.

KMUs mit Patenten gesucht

Gesucht wurden KMUs, die Patente haben, solche gerne hätten bzw. in einen Patentstreit vor Gericht verwickelt sind.

Die Kontakte liefen zum Großteil über Patentanwälte, zumindest aus Belgien, England und Polen ist das bekannt. Diese Patentanwälte halfen den KMU-Vertretern auch gleich dabei, die Patentfragebögen auszufüllen.

Interessen der KMUs

Gerade Klein- und Mittelbetriebe das Patentwesen näher zu bringen ist für die Kommission insofern sinnvoll, als nationale Wirtschaftskammern maßgeblich dazu beigetragen hatten, dass der Entwurf der EU-Kommission von einer EU-Parlamentsmehrheit vor einem Jahr abgelehnt wurde.

Software-Patente

Ziemlich genau ein Jahr, nachdem das EU-Parlament die Vorschläge der EU-Kommission mehrheitlich abgelehnt hatte, versicherte der zuständige EU-Kommissar McCreevy, das Thema "Patente auf computerimplementierte Erfindungen" - besser bekannt als Software-Patente - werde im Laufe seiner Amtszeit nicht mehr angerührt.